WT11: Modellbildung in der Wirtschaftsinformatik aus Perspektive der Bayesschen Statistik

Freitag, 11.03.2016, 09:00-12:00 Uhr im H1527, Helmholtzbau

Leitung des Tutorials

Prof. Dr. Burkhardt Funk, Leuphana Universität Lüneburg

Inhalt des Tutorials

In der Vergangenheit nutzte die Wirtschaftsinformatik mathematische Modelle vornehmlich im Zuge verhaltensorientierter Forschung. Das wesentliche Ziel liegt dabei im Erkenntnisgewinn, insb. dem Aufdecken von Zusammenhängen zwischen theoretischen Konstrukten [1, 7]. In den letzten Jahren haben darüber hinaus in der Wirtschaftsinformatik statistische Methoden und Modelle zur Entscheidungsunterstützung an Bedeutung gewonnen. Im Sinne des Tagungsmottos werden so „digitale Produkte und Prozesse für das Unternehmen der Zukunft“ maßgeblich unterstützt bzw. überhaupt erst möglich [2, 5].
Häufig werden in den Untersuchungen Verfahren aus dem Bereich Data Mining (z.B. neuronale Netze oder Stützvektormaschinen) oder der schließenden Statistik (z.B. logistische Regression oder Diskriminanzanalyse) eingesetzt. Die Modellinterpretation ist meist durch eine frequentistische Sicht geprägt (z.B. Punktschätzung mit Hilfe von Maximum Likelihood). Andere Disziplinen wie das Marketing [6] oder die Ökonometrie [3] hingegen nutzen zunehmend Ansätze der Bayesschen Statistik, was einige Vorteile mit sich bringt, dazu zählen bspw.: (i) Berücksichtigung von Vorwissen, sei es aus anderen Studien/ Erfahrungen oder auch aus Theorien, (ii) natürlicher Zugang zu hierarchischen Modellen und Berücksichtigung von Heterogenität der Untersuchungsobjekte, (iii) Parameterschätzungen in Form von Wahrscheinlichkeitsdichten statt Punktschätzungen. Die Nachteile liegen neben der vergleichsweise hohen Komplexität der Anwendung in der Rechenintensität.
Ziel des Tutorials ist es, den Teilnehmern die Grundgedanken der Bayesschen Statistik und ihre Anwendung anhand einfacher und für die Wirtschaftsinformatik relevanter Modelle zu vermitteln. Dazu wird zunächst der Zusammenhang zwischen den Parametern eines Modells, den empirischen Daten und dem Apriori-Wissen anhand des Bayes-Theorems erläutert. Anschließend wird das zur Modellschätzung verwendete Markov Chain Monte Carlo Verfahren und speziell der Metropolis Hastings Algorithmus sowie das Gibbs Sampling skizziert. Der wesentliche Teil des Tutoriums zeigt, wie statistische Modelle mit den Softwarepaketen JAGS (Just Another Gibbs Sampler) und R umgesetzt werden können [7].
Nach dem Tutorial sind die Teilnehmer in der Lage, mit Hilfe der im Workshop verwendeten Code-Beispiele erste eigene Modelle in JAGS umzusetzen und die Ergebnisse zu interpretieren – und hoffentlich ist die Neugier für eine Vertiefung und die Entwicklung eigener Untersuchungen geweckt.

Referenzen

1. DeLone, W.H., McLean, E.R.: Information Systems Success: The Quest for the Dependent Variable. Inf. Syst. Res. 3, 60–95 (1992).
2. Fink, A. et al.: Modellbasierte Entscheidungsunterstützung in Produktions- und Dienstleistungsnetzwerken. Wirtschaftsinformatik 56(1) 21-29 (2014).
3. Koop, G., Poirier, D.L., Tobias, J.L.: Bayesian Econometric Methods. Cambridge University Press (2007).
4. Krusche, J.K.: Doing Bayesian Data Analysis. Academic Press (2011).
5. Lessmann, S., Voß, S.: Unterstützung kundenbezogener Entscheidungsprobleme – eine Analyse zum Potenzial moderner Klassifikationsverfahren. Wirtschaftsinformatik 52(2) 79-93 (2010).
6. Rossi, P.E., Allenby, M.G.: Bayesian Statistics and Marketing. Marketing Science, 22(3) 304-328 (2003).
7. Venkatesh, V., & Davis, F. D.: A theoretical extension of the technology acceptance model: four longitudinal field studies. Management science, 46(2), 186-204 (2000).

Zielgruppe des Tutorials

Voraussetzung für die Teilnahme ist das Interesse an statistischen Modellen. Erste praktische Erfahrungen im Data Mining oder der Anwendung der schließenden Statistik sind wünschenswert.
Eine Anleitung zur Installation von R und JAGS sowie die verwendeten Code-Beispiele werden in der Veranstaltung zur Verfügung gestellt.